Ich war 22 Jahre alt, als ich zum ersten Mal schwanger wurde. Es fühlte sich gut an, mein Leben schien sich zu ändern. Ich achtete auf meinen Körper und fühlte mich stark. Der Vater des Kindes, in den ich total verliebt war, reagierte leider sehr abweisend. Er wollte das Kind nicht. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich ahnte ich noch nicht, dass er nebenher eine andere Beziehung am Laufen hatte. Jedenfalls war ich mir sicher, dass ich das Kind bekommen würde und freute mich darauf. Es war ein wunderbares Gefühl, als ich beim Ultraschall dieses kleine Menschlein erkennen konnte. Leider sollte das Glück nicht lange anhalten.
Als ich in der 11. Schwangerschaftswoche einen Vorsorgetermin bei meiner Frauenärztin hatte, war der Herzschlag nicht mehr erkennbar. Sie überwies mich in eine Klinik zur Abklärung. Da ich nicht wahrhaben wollte, was mir in diesem Moment geschah, war ich fest davon überzeugt, mir würde dort jemand sagen, dass alles gut ist. Irgendjemand war mit mir dort, ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern, wer das war. Vielleicht meine Mutter. Jedenfalls erfuhr ich ziemlich schnell, dass der Fötus tot war und dass man ihn rausholen müsse, da mein Körper ihn nicht selber abstieß. Der Mann, den ich damals für meinen Freund hielt, war total erleichtert, als er davon erfuhr und meldete sich nie wieder bei mir. Danke, Arschloch. Danke für nichts.
Ich würde wieder allein mit dieser Situation klarkommen müssen. Leider fiel ich dann mal wieder auf meine Eltern rein und nahm das Angebot an, erstmal zu ihnen zu kommen, um nicht allein zu sein. Ich erinnere mich nicht mehr, wie ich zu ihnen gekommen bin. Es war kurz nach der Ausschabung und es ging mir sehr schlecht. Ich setzte mich an den Tisch. Als mein Vater an mir vorbeiging, haute er mir kräftig auf den Rücken. Er setzte sich auf den Stuhl neben mich und fing an, Witze über Babysärge zu machen. Ich konnte es nicht fassen. Es war, als würde ich implodieren. Um dieser Situation zu entkommen, rannte ich aus dem Haus, während ich gleichzeitig in Tränen ausbrach. Sofort rief ich meinen Freund R. an und bat ihn mich abzuholen.
R. war und ist ein Freund, der 18 Jahre älter ist als ich. Spätestens seit diesem Tag weiß ich, dass er immer für mich da ist, wenn ich ihn brauche. Er kam mich sofort abholen und versorgte mich anschließend einige Tage in seiner Wohnung. Da er sich um alles kümmerte, konnte ich mich erstmal erholen. Er hat mir sehr geholfen, mit dieser schwierigen Situation klarzukommen. Langsam kam ich wieder zu Kräften. Heute, nach beinahe 20 Jahren, sind wir immer noch gut befreundet. Ich wohne inzwischen weiter weg, aber wir besuchen uns immer noch in unregelmäßigen Abständen und es fühlt sich immer gut an. Und manchmal sage ich ihm sogar, wie wichtig er für mich ist.