August 21, 2022

Ein Hund!

Mein Leben beginnt mit einem Welpen und einem Nervenzusammenbruch. Lange hatte ich den Wunsch, einen Hund zu bekommen. Ich stellte mir immer vor, dass er mich beschützen würde. Ein stetiger Begleiter in alles Lebenslagen. Wenn ich einen Hund hätte, wäre ich endlich in Sicherheit. Ich war damals 16 Jahre alt und lebte noch im Haushalt meiner Herkunftsfamilie. Aufgrund meines Alters war es mir noch nicht möglich, mich räumlich von ihr zu distanzieren. So musste ich also Strategien finden, um in dieser Situation, während des Zusammenlebens mit Menschen, die mich entweder mehrfach traumatisiert oder nicht davor geschützt hatten, weiterzuleben. Meine Traumwelten halfen mir dabei sehr. Ich konnte praktisch an verschiedenen Orten gleichzeitig sein und meine realen Gefühle abschalten. Und in meiner Vorstellung war ein Hund eine Rettung. Durch ihn würde die reale Bedrohung vorbei sein.

Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie ich es geschafft hatte, meine Eltern zu überreden, die Welpen anzuschauen. Aber nun waren wir da, bei einer Familie, die noch zwei kleine Welpen zu verkaufen hatten. Es war eine weite Strecke, wir müssen mindestens drei Stunden dorthin gebraucht haben. Dort war ich schwer beeindruckt. Die stattliche Hundemama war sehr entspannt und füllte den Raum mit ihre beeindruckenden Größe aus. Die Welpen hatten ihren „Spielplatz“ im Keller, wo es deshalb auch etwas müffelte. Während ich mit der Tochter des Hauses und den Welpen eine Runde spazieren ging, gab es Kaffee für die Eltern. Ich verliebte mich in A. Die kleine Hundedame ohne die (für diese Rasse häufige) Maske sah mit ihren schwarz umrandeten Augen aus, als hätte sie sich frisch mit Kajal geschminkt.

Was meine Eltern dort im Haus mit den Züchter besprachen, wusste ich nicht. Als ich zurückkam und es langsam ans Aufbrechen ging, machten meine Eltern mir klar, dass wir keinen Hund mitnehmen würden. Ich war sehr enttäuscht, fühlte mich allerdings zu machtlos, um zu protestieren. Es war einfach wie immer: mir passiert nichts Gutes.

Als wir gerade ins Auto einsteigen wollten, kam die Züchterin mit A. auf dem Arm aus dem Haus. Sie lief direkt auf mich zu. Ich wusste nicht, was los war. Während sie irgendwas sagte, drückte sie mir A. in die Arme. Meine Eltern hatten mich also mal wieder ausgetrickst. Ich würde diesen süßen kleinen Hoffnungshund mit nach Hause nehmen. Als ich A. in meinen Armen spürte, verlor ich die Kontrolle. Meine Muskeln konnten der Schwerkraft nicht mehr widerstehen, die Knie wurden weich und ich brach in Tränen zusammen. Dies war der schönste Moment in meinem bisherigen Leben. Ab jetzt hatte ich eine Komplizin. Eine, die alles wissen durfte, nie über mich urteilte und es niemals zulassen würde, dass mir jemals wieder irgend jemand wehtut.